Neurologische Störungen Sprach-, Sprach, Stimm- und Schluckstörungen

Durch neurologische Ereignisse (z.B. Schlaganfall oder Hirnblutung, Schädel-Hirn-Trauma) oder Erkrankungen (z.B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose) können behandlungsbedürftige Störungsbilder entstehen.

Eine Aphasie ist eine erworbene zentrale Sprachstörung, die durch Schädigung des Gehirns hervorgerufen wird. Alle Bereiche und Modalitäten der Sprache können in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigt sein. Die Lautstruktur (Phonologie), der Wortschatz (Lexikon), die Bedeutung (Semantik) und der Satzbau (Syntax). Sowohl die rezeptiven (Sprachverständnis) als auch die expressiven (Sprachproduktion) Fähigkeiten können betroffen sein. Somit können das Sprechen und Verstehen der Lautsprache oder auch das Lesen und Verstehen geschriebener Sprache erschwert und je nach Schweregrad der Beeinträchtigung sogar kaum noch möglich sein. Diese zumeist plötzlich auftretenden sprachlichen Defizite haben häufig weitreichende und teilweise lang andauernde Folgen für das familiäre, soziale und berufliche Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen.

Unter Fazialisparese versteht man eine meist ein-, selten auch beidseitige teilweise oder komplette Lähmung des Hirnnerven N. facialis, der normalerweise die Bewegungen der Gesichtsmuskulatur steuert.

Bei einer Fazialisparese sind aufgrund der Lähmung verschiedene mimische Bewegungen (z.B. Stirn runzeln, Augenbrauen heben oder zusammenziehen, Nase rümpfen) sowie verschiedene mundmotorische Bewegungen insbesondere der Lippen und Wangen (z.B. Lippen spitzen und breit ziehen) beeinträchtigt bzw. nicht mehr möglich. In der Folge kann es zu leichten Artikulationsstörungen der Lippenlaute /b/, /p/ und /m/ sowie des /s/ kommen.

Teilweise kann das Auge durch das Lid nicht oder nur unvollständig geschlossen werden. Der Mundwinkel der betroffenen Seite steht meist tiefer und ist geöffnet.

Eine Fazialisparese hat vielfältige Ursachen und kann im Rahmen neurologischer Erkrankungen wie z.B. nach einem Schlaganfall, bei entzündlichen Hirnerkrankungen sowie Hirntumoren oder als Folge bakterieller oder viraler Infektionen (z.B. Herpes, Lyme-Borreliose), nach Ohr- und Speicheldrüsenoperationen, bei Akustikusneurinom, Schilddrüsenkarzinom, Diabetes mellitus oder im Zusammenhang mit verschiedenen Krankheitssyndromen (z.B. Melkersson-Rosenthal-Syndrom, Heerfordt-Syndrom, Morbus Recklinghausen) auftreten.

Unter einer Dysarthrie  versteht man eine erworbene neurogene Sprechstörung, die durch eine Schädigung des zentralen oder des pheripheren Nervensystems verursacht wurde. Dabei sind die Steuerung und die Ausführung von Sprechbewegungen betroffen. Dies bedeutet, dass Sprechmotorik, Sprechmelodie (Prosodie), Sprechrhythmus, Stimme und Atmung in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigt sind. Die schwerste Form der Dysarthrie ist die Anarthrie, hier sind die Patienten nicht mehr in der Lage Laute zu bilden, d. h. sie sind für ihre Umgebung nicht mehr zu verstehen. Der Begriff Dysarthrophonie wird oft gleichbedeutend mit dem Begriff Dysarthrie verwendet. Dysarthrophonie bedeutet wörtlich, dass sowohl die Aussprache (Artikulation) als auch die Stimme (Phonation) betroffen ist. Menschen, die ausschließlich unter einer Dysarthrie leiden, haben keine Sprachstörung. Das  heißt, dass sie normal verstehen, schreiben und lesen können. Dysarthrien  können aber auch gleichzeitig mit einer Aphasie (Sprachstörung) auftreten, dann sind neben der Sprechmotorik, der Stimme und der Atmung auch die Bereiche Sprachverständnis und Sprachproduktion betroffen.

Schluckstörungen kommen bei den verschiedensten Krankheiten vor. Diese reichen von neurologischen Erkrankungen (z.B. Schlaganfall), erblichen Muskel- oder Nervenkrankheiten, über Erkrankungen im Hals und Rachen bis hin zu krankhaften Veränderungen der Speiseröhre und deren Umgebung im Brustraum.

Auch Kopfverletzungen können Störungen beim Schlucken nach sich ziehen.

Schluckstörungen (Dysphagien) äußern sich durch sehr unterschiedliche Symptome oder Beeinträchtigungen und sind deswegen nicht immer sofort als Störung zu erkennen. Die nachfolgenden Beeinträchtigungen geben Hinweise auf eine Schluckstörung:

  • Lähmungen im Lippen-, Zungen- und Wangenbereich (der Betroffene hat ein "schiefes" Gesicht oder ein Mundwinkel hängt herab).
  • Häufig kommt es zu Verschlucken und Husten während oder direkt nach dem Essen oder sogar zu Erstickungsanfällen. Es läuft Speichel oder Nahrung aus dem Mundwinkel, der Speichel kann nicht mehr herunter geschluckt werden.
  • Manchmal spüren die Betroffenen die Nahrung auch nicht mehr gut im Mund und bemerken so z. B. verbleibende Reste im Mundraum nicht, die potentiell zu einem vermehrten Verschlucken und einer erhöhten Aspirationsgefahr (Einatmung von Speichel, Nahrung, Flüssigkeiten) führen. Eine Aspiration kann lebensbedrohlich werden.
  • Nahrungsmittel, die vorher ohne Problem geschluckt wurden, bereiten plötzlich Schwierigkeiten. Die Nahrung kann nicht mehr geschluckt werden, die Betroffenen haben das Gefühl, das Essen bliebe im Hals stecken, die Nahrungs- und Trinkmenge hat sich insgesamt vermindert.
  • Auch immer wieder auftretende unklare Fieberschübe können Hinweis für eine Dysphagie sein.
  • Weitere Symptome sind: Schmerzen beim Schlucken, Haltungsänderungen ("Kopfvorschub"), plötzliche unklare Gewichtsabnahme, Vermeidung von öffentlichen "Essanlässen".

Generell gilt, das bei jeglichen auftretenden Problemen bzgl. der Nahrungsaufnahme oder bei einer bereits bekannten verursachenden Grunderkrankung eine Schluckstörung ursächlich sein kann. Es sollte auf jeden Fall ärztlicher Rat eingeholt werden.

Die Sprechapraxie ist eine Störung der Planung von Sprechbewegungen. Sie zeigt sich im Bereich von Artikulation, Sprechmelodie und -rhythmus (Prosodie) und Sprechverhalten.

Bei der Artikulation sind lautliche Abweichungen bzw. Entstellungen von Lauten feststellbar, die zu einer unverständlicheren Aussprache führen. Teilweise kann es auch zu Ersetzungen oder Vertauschungen von Lauten sowie einer Mischung von Fehlerarten kommen. Die Artikulationsstörungen betreffen oft den Anfang von Wörtern bzw. Silben und sind vielfach mit Suchbewegungen der Artikulationsorgane (Lippen, Zunge, Kiefer…) verbunden. Bei Wiederholungen können die Fehler variieren und Selbstkorrekturen führen nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung des Sprechens.
Die Sprechgeschwindigkeit ist häufig vermindert, Vokale werden gedehnt gesprochen und bei vielen Betroffenen kommt es zu einer silbischen Sprechweise. Es können auch Fehler bei der Wortbetonung auftreten, indem Silben falsch oder übermäßig deutlich betont werden.

Die Betroffenen zeigen aufgrund ihres unbeeinträchtigten Sprachverstehens eine große Unzufriedenheit mit ihrem eigenen Sprechen. Das anstrengende Sprechen führt zu mimischen Mitbewegungen, gepresster Stimme oder Anspannungen der Hals- und Gesichtsmuskulatur.