Redeflussstörungen

Zu den Redeflussstörungen gehören die Bereiche Stottern und Poltern. Sie können in jedem Lebensalter behandelt werden.

Stottern äußert sich in Form von unfreiwilligen Wiederholungen, Verlängerung von Lauten und Blockierungen. Zusätzlich kann es zu Begleitsymptomen wie Mitbewegungen und Grimassieren kommen.

Stottern beginnt meist im Alter zwischen 2 und 5 Jahren. Kinder, die stottern, verlieren für Momente die Kontrolle über ihr Sprechen. 

Das Stottern bei Jugendlichen und Erwachsenen unterscheidet sich ganz wesentlich von  Unflüssigkeiten bei Kindern. Dies beruht im Wesentlichen auf der Tatsache, dass bei Jugendlichen und Erwachsenen  bereits ein Bewusstsein für das Phänomen entstanden ist, das sich in aller Regel auf ihr gesamtes Sprech-, Kommunikations- und auch Sozialverhalten auswirkt.

Stottern ist sehr komplex, d.h. eine Vielzahl von Komponenten wie Gefühle, Gedanken, Körperlichkeit oder soziale Rolle haben Einfluss auf die Symptomatik. Zielsetzung der Therapie ist es, dem Stotternden sein Sprechen zu erleichtern und, wenn möglich, eine Verbesserung des Redeflusses zu erreichen. Dazu sind Grundlagen für eine entspanntere, gelassenere und spontane Kommunikation zu  schaffen. Das Spektrum von Therapieansätzen ist sehr  unterschiedlich, z.B. gibt es Angebote zur Akupunktur, apparative Hilfen, Hypnose oder auch Bioresonanz. Für alle diese Ansätze gibt es jedoch keine überzeugenden Nachweise ihrer Wirksamkeit.

In der Stottertherapie wird heute überwiegend entweder an der Veränderung des Sprechens oder der Veränderung des Stotterns gerarbeitet.
Bei der Veränderung des Sprechens wird vor allem versucht, eine hohe Sprechflüssigkeit zu erreichen (fluency shaping). Dabei trainiert man die Veränderung von Atmung, Artikulation (Aussprache), Stimmeinsatz oder auch  Prosodie (Sprechmelodie). Auf diese Weise erlernt der Stotternde eine völlig neue Sprechweise, die (noch) nicht mit Stottern verbunden ist und daher eine höhere Sprechflüssigkeit ermöglicht. Die anfänglich sehr große Auffälligkeit wird  schrittweise einem natürlich klingenden Sprechen
angeglichen.
Bei der Veränderung des Stotterns lernt der Betroffene eine grundlegend neue Einstellung dem Problem gegenüber. Der Stotternde soll sich (oft erstmals) mit dem Stottern direkt und nicht mit seiner Vermeidung auseinandersetzen (Konfrontation). Er soll über den Abbau seiner Ängste und seiner sekundären Symptome den Status des Nettostotterns erreichen, das er danach kontrolliert und konstruktiv bearbeiten kann. Das heißt, er muss nur noch bei Auftreten der (i.d.R. stark reduzierten) Symptomatik reagieren und kann ansonsten spontane, ungehemmte Kommunikation betreiben.

Die logopädische Therapie kann  klassisch ambulant oder auch stationär stattfinden. Als besonders effektiv haben sich Modelle der Intervalltherapie erwiesen, wobei sich  kurze intensive Therapiephasen mit längeren direkten Praxisphasen im individuellen Umfeld abwechseln.

Poltern zeigt dich in schnellem und/oder schwankendem Sprechtempo. Es treten dabei Auslassungen, Verschmelzungen und artikulatorische Veränderungen von Lauten, Silben, Wörtern und Phrasen auf.

Der Redefluss ist stark beeinträchtigt, das Sprechen wird dadurch schwer verständlich, phasenweise unverständlich, die Prosodie ist häufig auffällig. Zusätzlich bestehen sehr häufig Unflüssigkeiten in Form von Wiederholungen von Silben, Wörtern und Satzteilen, oder lockeren Lautwiederholungen.

Auch Satzabbrüche, Wortabbrüche, Einschübe von Flicklauten oder Flickwörtern treten  auf. Polternde Menschen leiden unter mangelnder Sprechkontrolle. Die meisten polternden Menschen wissen zwar, dass sie schnell und undeutlich sprechen, können ihr Sprechen in den spezifischen Sprechsituationen aber nicht kontrollieren. Es können dadurch Sprechängste auftreten, die teilweise zum Vermeiden von Sprechsituationen führen. Einem Teil der polternden Menschen gelingt es nicht, ihre Redeinhalte für den Gesprächspartner verständlich zu strukturieren. Dabei beziehen Äußerungen  sich inhaltlich und grammatisch nur unzureichend aufeinander und der sogenannte "rote Faden" ist nicht oder nur schwer zu erkennen. Nebenthemen werden dabei ausführlich dargestellt, während es gleichzeitig nicht gelingt, das Hauptanliegen klar zu beschreiben.

Im Gespräch kann bei polternden Menschen eine Neigung zum Monologisieren bestehen, für den Gesprächspartner ist es dann schwer, zu Wort zu kommen. Manchen polternden Menschen fällt es zusätzlich schwer, eigene Äußerungen umzuformulieren, wenn der Gesprächspartner diese nicht verstanden hat. Die Symptome von Poltern sind individuell unterschiedlich gewichtet.

Bei einer sachgemäß durchgeführten ambulanten logopädischen Therapie und ausreichender Eigenmotivation, ist zu erwarten, dass der Polternde lernt, sein Sprechen in ihm wichtigen Situation zu kontrollieren und eine grundlegende Besserung seiner Symptomatik zu erreichen. Dies geschieht, angepasst an die persönliche Poltersymptomatik, durch Übungen zur Wahrnehmung der Symptome, Übungen zur sofortigen Korrektur gepolterer Sprache, Übungen zum Umgang mit verschiedenen Sprechgeschwindigkeiten und sprachliche Strukturierungsübungen. Die Therapieinhalte werden in das "echte Leben" (In-vivo Training) übertragen, so dass die Therapieeffekte nachhaltig sind.